Weiberfastnacht

Disclaimer: Der Autor weist vorsorglich darauf hin, dass dieser Text nicht frauenfeindlich gemeint ist, und dass jede Ähnlichkeit mit noch lebenden, bereits verstorbenen und Personen, die zwar noch leben, sich aber nicht mehr wehren können, rein zufällig ist.

Es ist mal wieder soweit. Die kommenden Ereignisse werfen schon seit Wochen ihre Schatten voraus, als wir uns in Schale für den wichtigsten Abend des Jahres werfen.
„Weiberfastnacht“ klingt es in unseren Ohren und löst einen Speichelflussreflex aus, gegen den selbst die Hunde Pawlows eine Wüste Gobi im Maul gehabt haben müssen.

Natürlich träumen wir der eher von einer wüsten Gabi, als wir den unaufhörlichen Speichelfluss mit einem ersten Bierchen zum Warmmachen in Jupps Bude bekämpfen.

„Vorglühen“ nennen wir das – und wir, das sind Jupp, Mattes und meine Wenigkeit, das Trio Infernale des Karnevals, dessen legendärer Ruf jedes Jahr mehr und mehr Väter dazu bewegt, ihre 40-jährigen Mädchen im Keller wegzusperren, damit sie nicht, ihrer letzten Illusionen über die holde Männlichkeit beraubt, einem ca. vierzig Jahre dauernden altjüngferlichen Lebensabend ins Auge sehen müssen.

Mit einem leichten Alkoholpegel gegen das gelegentlich aufkeimende schlechte Gewissen gewappnet, machen wir uns auf den Weg, der gepflastert ist mit Anekdötchen und Histörchen verblassender Männlichkeit aus den letzten Jahren, die nun, im Lichte gegenseitiger Beweihräucherung den Nimbus großartiger Legenden annehmen.

Als wir mental und alkoholisch gestärkt den Turnierplatz betreten, scheint ein Raunen durch die Menge zu gehen, die Musik verstummt für einen Moment und alle Blicke ruhen auf uns, die wir in drohlich erscheinender Phalanx mit stählernem Blick und erhabenen Ganges den Saal betreten.

Die Herren halten ihre Frauen fester und wissen nun, es wird ein harter Abend, voller Ängste von drohender Einsamkeit und der Gewissheit ihrer nur relativen männlichen Bedeutung vor dem maskulinen Orkan, der nun über sie hinwegzufegen beginnt.
Aufatmend und erst einmal beruhigt löst sich die Stimmung, als wir zuerst einmal ein Bier bestellen und uns im Eingangsbereich an einem Stehtisch platzieren, um den Zu- und Abfluss begattbaren Materials zu taxieren.

Wir lachen und unterhalten uns, benoten die anwesenden Damen nach einem komplexen Schema einer A- und B-Note, das dem Eiskunstlauf entlehnt ist und beginnen das anwesende Weibsvolk in Einflusssphären einzuteilen.

Mattes entscheidet sich im Allgemeinen für die unscheinbaren Entlein mit jedoch prangendem Inhalt ihrer Blusen und viel zu knappen Kostümchen – kleine Luder in mittleren Jahren, die auch mit 40 noch kichernd und gackernd in der Ecke stehen und sich ausmalen, an Stelle ihres langweiligen Ehemannes mal einen echten Kerl vom Schlage Mattes befriedigen zu dürfen.

Jupp entscheidet sich immer für die vermeintlich Schönsten – schlanke, fast schmale Dinger mit Wespentaillen und Brüsten, die wie kleine Fesselballone der Schwerkraft trotzend über den flachen Bäuchen zu schweben scheinen, während ihre grell geschminkten Münder permanent lustige verbale Blubberbläschen erzeugen, die wir aus den bunten Comic-Heftchen unserer lang verflossenen Jugend erinnern.

Mir bleiben zumeist die kleinen, drallen und hübsch bebrillten Intelligenzkäferchen, und das vor allem aus praktischen Gründen. Ich bin derjenige unter uns Dreien, der mittels seiner Sprachbegabung auch das kalte Eis selbst ausgefallenst konstruierter Gewissenblockaden zum Schmelzen zu bringen vermag – oder wie Mattes immer sagt, der jede Frau dazu bringen kann ein: „Denkst Du das wirklich, oder sagst Du das nur, weil Du weißt, das Frauen das gerne hören“ zu flöten. Jupp formuliert da weniger umständlich und meint gemeinhin, ich könne selbst Fort Knox ins Bett quatschen.

Während wir nun so da stehen, und die Damen in unserer Nähe nervös von einem Fuß auf den anderen treten, weil sich, ob des souveränen und doch überaus sympathischen Anblicks den wir bieten, die ersten Vorboten des Begehrens in ihren Höschen manifestieren, entscheiden wir nun, dass es Zeit für Phase zwei unserer sich alljährlichen wiederholenden und aufs feinste abgestimmten Strategie sein dürfte.

Wir verlassen den Eingangsbereich, nachdem wir uns vom Zugang einigen verwertbaren Materials überzeugt haben und streben nun auch rein räumlich dem Zentrum des bunten Treibens zu – immer gemessenen Schrittes und peinlich darauf bedacht, zugleich im Zentrum des allgemeinen Interesses zu verbleiben, wozu sich eine kleine Pinkelpause des Dj’s am besten eignet, weil die Blicke der Damen dann, mangels anderer sinnlicher Genüsse wie gebannt auf unseren hopfengestärkten, astralgleichen Körpern ruhen.

Mit unseren ruhigen Blicken teilen wir das Volk vor uns, wie Moses in biblischen Zeiten das Rote Meer und genießen die verschämten Blicke der Damen, und die neidvoll und zugleich ehrfürchtig dreinschauenden Gesichter der Herren, die ihre Felle in den schon feuchten Höschen der Frauen davonschwimmen sehen. „Auch eine Art den Schamhügel zu enthaaren…“ denke ich mir, und überlege, ob wir nicht Geld verlangen können für diesen Service schmerzloser Schamenthaarung, die wir ähnlich den großen Bibelpredigern des amerikanischen Mittelwestens in großen und überfüllten Hallen der Mittelstädte und Metropolen anbieten könnten…

Wie von Zauberhand taucht vor uns ein verfügbarer Stehtisch auf, den seine ursprünglichen Okkupanten ob des Anblicks unserer unausweichlich nahenden Präsenz, unter dem Vorwand dringender urinaler Geschäfte geräumt haben –
nur um sich nicht eingestehen zu müssen, von der darwinistischen Kraft unserer beeindruckenden Statur, notariell beglaubigter Intelligenztests in den Taschen und der prallen Männlichkeit unserer gefüllten Geldbörsen hinweggefegt worden zu sein – von dem an Halbliterflaschen eines belebenden amerikanischen Softgetränkes gemahnenden Inhalt unserer Hosen ganz zu schweigen…

Wir übernehmen den Tisch mit der Souveränität des Löwen, dessen purer Anblick das Wasserloch von durstigen Neidern zu befreien in der Lage ist, schauen uns unser Revier markierend um und… bestellen noch ein Bier…

Nach einem Augenblick atemloser Stille löst sich das trinkende Volk aus seiner ehrfürchtigen Erstarrung und beginnt langsam wieder zur Normalität des karnevalistischen Wahnsinns zurückzukehren – während einige der inzwischen höchst erregten Weibchen sich unmerklich einen Schritt vor ihren Beschützern davonstehlen, die nach unserem Auftritt in den Augen ihrer Begleiterinnen nur noch wie ein flaches Abziehbildchen der wahren männlichen Kraft jener Drachentöter scheinen, die sie seit ein paar Sekunden mit ihren vor Aufregung bebenden Brüsten und laut klopfenden Herzen vor sich sehen.

Wir bezähmen unseren Hunger nach der uns zustehenden Huldigung und warten – und während wir noch kleine Scherze über die drallen Schenkel der jugendlichen Funkenmariechen machen, geschieht es: eine Gruppe von vier hochfiligran aufgebrezelten Damen mittleren Alters gesellt sich zu uns, hängt sich ungefragt in unsere Armbeugen ein und nötigt uns zu einem erotischen Geschunkel, das ihre Wangen erröten, ihre Brüste hüpfen, und ihre Körper in sexuelle Wallung geraten lässt.

Sie ziehen uns aus mit ihren Blicken, himmeln uns an und flöten uns zweideutige Versprechen ins Ohr, die bei zweien der vier Damen wie eine ästhetische Verheißung, und bei den anderen wie eine optisch unterfütterte Bedrohung wirken.

Jupp kriegt wie immer die minderbemittelte Elfe mit den künstlichen Fingernägeln und den mit allerlei hinterlistigen Tricks hochgepushten Möpsen, während Mattes sich zielgenau das graue Mäuschen geangelt hat, das nackt über die Offenbarung eines Körpers zu verfügen scheint, gegen die des Paradies eine dunkle Spelunke sein dürfte.

Er wird sie sich wie immer auf ihn setzen lassen und ihr vorher sagen, dass er vierzig Minuten am Stück zaubern kann, wenn sie sich eine Skimütze über den Kopf zieht, damit ihr, von den Sorgen des Alltages gezeichnetes, Gesicht ihn nicht vom Reiz ihrer schweren und niemals gestillt habenden Brüste ablenkt.

„Nein…“ sie habe keine Kinder hatte sie ihm eingeflüstert, was er als untrügliches Versprechen auf kräftige runde Brüste und ein weiches und enges Futteral für seine erotische Blockflöte interpretiert hatte, der sie fürderhin allerschönste Melodeien entlocken sollte…

Susi hängt schon die ganze Zeit an meinem Arm und an meinen Lippen und wird nicht müde zu betonen, was für ein netter Kerl ich doch sei, so ruhig und nicht so ein Prolet wie all die anderen hier, die nicht müde werden ihr lüsterne Blicke zuzuwerfen und ihr im Vorübergehen an den ausladenden aber überaus einladenden Hintern zu fassen.

Wie alle Frauen zur Karnevalszeit hatte sie vor ein paar Minuten angefangen ihre erhitzte Wange an die meine zu schmiegen, ihre kleinen Brüste in die aufkeimende Mittvierzigercellulitis meiner Oberarme zu drücken und ihr Heiligstes wie ein kleines Nähmaschinchen nimmermüde an meinem Schenkel zu reiben, während sie ein Bierchen nach dem anderen wegzischte, das wir ihr und den Damen in der Hoffnung auf ein am Stammtisch verwertbares erotisches Geplänkel zukommen ließen.

Und als ich gerade zum Angriff auf ihr eheliches Treuverbrechen blasen will, schaut sie mir tief in die Augen, leckt sich lasziv die Lippen, lässt ihr Raubtier ein letztes Mal weinbergschneckengleich an meinem Schenkel entlang gleiten und flüstert mir mit dem Arm um meine Hüfte zu: „Hab ich dihir schohon erzähält, daaaass ich totaaal glücklich verheiratet bin?

Das Halali meines, sich gerade zur voller Größe einer Klopapierrolle entfalten wollenden, Gliedes erstirbt augenblicklich und mutiert zum Krächzen eines sterbenden Frosches, während ich mich von einem Augenblick zum nächsten ganzkörperlich in eine zweibeinige frustrierte erogene Zone verwandele und versuche, im brutalen Deja Vu des Vorjahres, der Vorvorjahres und – wenn ich ehrlich bin – auch der fünf Jahre zuvor, das Gesicht zu wahren, indem ich ihr schnell ein paar oberflächliche Komplimente mache.

Und wie jedes Jahr höre ich mich rückenmarksgesteuert sagen: „Ja, es ist ein großes Glück jemanden zu haben, mit dem man durch dick und dünn… und der einen versteht… und bei dem noch echtes Vertrauen möglich ist… und und und…“
Ich schäme mich dafür, sehe aber keine andere Möglichkeit, ohne den Verlust meiner Selbstachtung aus der Sache rauszukommen.

Ich sehe mit geübtem Blick, dass meine Kumpels ebenso den Vorjahresstatus erreicht haben, und wir beschließen mit einem gegenseitigen Kopfnicken, dass es nun Zeit ist zu gehen, weil die Frauen auch in diesem Jahr nicht unseren Ansprüchen zu genügen scheinen, und weil wir unsere Potenz nicht für das Linsengericht ein paar warmer Worte auf dem Altar einer bis zur Unkenntlichkleit verheirateten Vagina opfern wollen.

Wir schütteln uns kurz wie nass gewordene Hunde, sagen brav „Servus“ und „Danke für den netten Abend.“, drücken den Damen noch ein Bützchen auf die Wange, bevor wir gemessenen Schrittes dem Ausgang zuschreiten, während uns die bewundernden Blicke der Umstehenden verfolgen.

Draußen angekommen schlagen wir die Kragen hoch und Mattes sagt: „Die hätten wir alle haben können… ging ab wie wie Schmidts Katze… heiß wie Nachbars Lumpi…“ während wir uns auf dem Heimweg machen. Und wie jedes Jahr sind wir uns an der Kreuzung, an der wir uns trennen einig:

„Alles Schlampen außer Mutti…“

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