Nach dem mutigen Outing von Thomas Hitzlsberger outen sich jetzt immer mehr Schwule als Fußballer. Nach anonymen Befragungen soll es unter Homosexuellen eine nicht zu unterschätzende Anzahl Fußballspieler geben, die ihrem Hobby im Untergrund nachgehen, um in der Szene nicht ausgegrenzt zu werden.
Ralf „Ballou“ Sterzenberger vom „Club Schwuler Kicker Paderborn, CSKP“ dazu: „Auch ich habe mich lange schwergetan mit meiner heimlichen Leidenschaft. Jahrelang habe ich Brennball und Bahnengolf gespielt, um meinen Bewegungsdrang zu stillen, obwohl ich immer schon einen verhängnisvollen Hang zum Pöhlen hatte.“ Schließlich habe er Mut gefasst und es zuerst seinen Eltern gesagt.
Keine bedauerlichen Einzelschicksale
„Junge, bist Du denn wahnsinnig?“ Die Reaktion der Mutter war eindeutig. „Aber natürlich wollen wir, dass Du glücklich bist“, so Sterzenbergers Vater, der sich auf Nachfrage der Redaktion so äußerte: „Dass mein Sohn schwul ist, finde ich nicht so schlimm. Das ist ja heute gang und gäbe. Die einen haben Depressionen und Burn-outs, sind Borderliner, Tablettenjunkies oder Schlimmeres. Da ist schwul doch noch das geringere Übel und vor allem besser als gesund und normal. Aber ich habe mich immer ein wenig geschämt, meinen Sohn zu Randsportarten zu begleiten. Und die Nachbarn haben auch immer so getuschelt. Am Stammtisch haben sie mich aufgezogen und gefragt, ob Ralf wirklich von mir ist. Jetzt ist Ralf froh, dass es raus ist, und nächsten Sonntag fahren wir zu ersten Mal gemeinsam zum Fußball.“
Nach Auskunft des DFB sind Schicksale wie das Ralf Sterzenbergers keine bedauerlichen Einzelfälle. „Gäbe es nicht diese Vorurteile in Schwulenkreisen – mit dem auf Minigolfplätzen schlummernden Potenzial wäre der deutsche Fußball auf Jahre hinaus unschlagbar“, verlautete es aus der Frankfurter Zentrale. „Sogar der WM-Titel wäre wieder mal drin“, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
Vorurteile in der Community
Nach bundesweiten Recherchen der Redaktion haben Fußballer immer noch mit großen Vorurteilen in der Homosexuellen-Community zu kämpfen. In Szenediscos werden unverhohlen geschmacklose Fußballerwitze erzählt, und schwule Studenverbindungen treiben Neulinge in Trikot, Shorts und Stutzen über den Campus, um ihren Mut auf die Probe zu stellen. „Die Kickerphobie ist groß. Da spielen sich teils entwürdigende Szenen ab. Es soll schon zu schweren Weinkrämpfen bis hin zu waschechten Nervenzusammenbrüchen gekommen sein. Das halten nur die Härtesten aus“, äußert sich Peter Pankak von der ASTA Bielefeld. In Sterzenbergers Outing sieht Pankak eine große Chance für dessen Leidensgenossen im Einzelnen und Fußballdeutschland im Ganzen. „Auch ich bin schwul und spiele Fußball. Und das ist gut so!“, so der ASTA-Vertreter.
„Ballou“ Sterzenberger wirkt nachdenklich: „Mein Freund Kai hat mich verlassen, und viele Freunde haben sich von mir abgewendet. Den gemeinsamen Wagen am CSD (Christopher Street Day – Anm. der Redaktion) kann ich mir auch abschminken. Ach egal, jetzt bin ich bei den Bayern-Ultras. Die haben es auch nicht immer leicht. Aber wir halten zusammen, und ich bin glücklich.“
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